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Diese Erfindung würde allgemein geworden sein, wenn sich die Weiber nicht mit dem Pöbel und den ungebildeten Menschen verbunden und mit einer Rebellion gedroht hätten, im Fall ihnen nicht die Freiheit ihrer Zungen nach herkömmlicher Weise verbliebe; der Pöbel ist ja ohnehin der unversöhnliche Feind jeder Wissenschaft.
Die Klügsten und Weisesten jedoch befolgen die neue Methode, sich durch Dinge auszudrücken; die einzige Unbequemlichkeit, die sich daraus ergibt, besteht nur darin, daß ein Mann, dessen Geschäft sehr groß und von verschiedener Art ist, ein Bündel auf seinem Rücken mit sich herumtragen muß, wenn er nicht imstande ist, sich einen oder zwei starke Bediente zu halten.
Zwei dieser Weisen habe ich oft unter ihren Bündeln beinahe zusammenbrechen sehen, wie dies bei Hausierern in England wohl der Fall ist. Wenn sie sich in den Straßen begegneten, legten sie ihre Last nieder, öffneten ihre Säcke und hielten ein stundenlanges Gespräch; alsdann füllten sie ihre Behälter aufs neue, halfen sich einander, wenn sie die Last wieder auf den Rücken nahmen, und empfahlen sich.
Für ein kurzes Gespräch mag jeder seinen Bedarf in der Tasche oder unter dem Arme tragen, weil ihm dann weniger genügt. Zu Hause aber kann niemand in Verlegenheit kommen. Deshalb ist ein Zimmer, wo eine in dieser Kunst gewandte Gesellschaft zusammenkommt, mit allen Dingen angefüllt, die Stoff zu diesem künstlichen Gespräch darbieten.
Ein anderer Vorteil, der sich aus dieser Erfindung ergeben muß, besteht darin, daß dadurch eine allgemeine Sprache erfunden würde, die man bei allen zivilisierten Nationen verstände, bei denen Güter und Geräte sich gleichen, so daß man sich leicht in die verschiedenen Gewohnheiten würde finden können. Somit könnten Gesandte mit fremden Fürsten oder Staatsmännern leicht verhandeln, obgleich sie deren Sprache nicht verständen.
Ich war auch in der mathematischen Schule, wo die Lehrer nach einer Methode unterrichten, von der man in Europa kaum einen Begriff hat. Satz und Beweis werden mit gehirnartiger Tinktur auf einer dünnen Oblate aufgezeichnet und durch den Mund eingegeben. Der Schüler muß diese schnell hinunterschlucken und dann drei Tage lang nichts als Brot und Wasser genießen. Ist die Oblate verdaut, so steigt die Tinktur ins Hirn und führt dort einen mathematischen Satz ein. Bisher hat aber der Erfolg sich noch nicht erwiesen, ein Umstand, der teilweise aus einem Fehler in der Quantität oder Komposition folgen mag, teilweise auch aus der Störrigkeit der Knaben, denen diese Medizin so ekelhaft ist, daß sie sich gewöhnlich fortstahlen und sich der Dosis von oben entledigten, bevor sie wirken konnte; auch hat man sie bis jetzt nicht überreden können, so lange zu hungern, wie es bei dem Rezepte notwendig wäre.
Quelle:
Jonathan Swift
Gullivers Reisen zu mehreren Völkern der Welt
Erstdruck London 1726 - Übersetzung von Franz Kottenkamp
www.zeno.org Zenodot Verlagsgesellschaft mbH
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